2 Kings 5

Einleitung

Die Geschichte Elisas ist nicht so sehr durch viele Worte geprägt, sondern vielmehr durch Taten. Aber auch diese Taten – die Bilder sind, die bildlich etwas darstellen – sprechen eine klare Sprache. Dies ist auch in dieser Geschichte der Fall. In 2. Könige 4 sehen wir den Propheten unter dem Volk Gottes. Die Lektionen dort sind für die Gläubigen, für ihr geistliches Wachstum.

In 2. Könige 5 arbeitet der Prophet außerhalb des Volkes Gottes, denn er ist der Prophet der Gnade, und die Gnade ist nicht auf Israel beschränkt (Lk 4:27). Es gibt viele Aussätzige in Israel zu dieser Zeit, wie der Herr Jesus sagt. Das ist ein schockierendes Bild von der Unreinheit und dem Verderben des Volkes. Niemand aus dem Volk wird von seinem Aussatz gereinigt, weil niemand an die Gnade Gottes appelliert. Ohne den geringsten Anspruch zu haben, wird der heidnische Naaman gereinigt und geheilt. Das kann nur Gott allein tun. Seine Gnade erstreckt sich auf diejenigen, die sich außerhalb seines Volkes befinden.

Der große Naaman

Naaman ist ein großer Mann in der Welt. Darüber hinaus kümmert sich der HERR um ihn. Er hat die Siege errungen, die der HERR ihm gegeben hat. Gott ist bereits mit diesem Mann beschäftigt. Allerdings hat er ein großes Problem. Bei all seiner Vornehmheit, seinem Ansehen und seinem Reichtum ist er aussätzig. Egal wie groß ein Mensch in den Augen anderer Menschen ist, in den Augen Gottes ist er aussätzig, sündig.

Hier sehen wir, dass Gott das ganze Weltgeschehen regiert. Er ist nicht nur der Gott Israels. Er hat zwar eine besondere Verbindung zu Israel, aber das bedeutet nicht, dass Er nichts mit den anderen Nationen zu tun hat. Obwohl Er seit der Flut die Nationen ihre eigenen Wege gehen lässt (Apg 14:16) und keine direkte Beziehung zu ihnen hat, ist Er derjenige, der den Lauf des gesamten Weltgeschehens in seiner Hand hat und steuert. Er führt alles zu seinem Ziel.

Ein junges Mädchen

2Kön 5:2 bildet einen großen Kontrast zu 2Kön 5:1. In 2Kön 5:1 sehen wir das große Weltgeschehen, in 2Kön 5:2 die Umstände des Lebens eines jungen Mädchens. Naaman ist „ein großer Mann vor seinem Herrn und angesehen“, das Mädchen ist „ein junges Mädchen“. Die ganze Geschichte dieses Kapitels wird von diesem jungen Mädchen geprägt, dessen Namen wir nicht einmal kennen. Aber Gott hat einen Plan mit dem Leben dieses kleinen Mädchens. Er will sie für Naamans Heilung gebrauchen. Auf diese Weise nutzt Er alles für seine Ziele, auch die falschen Taten von Menschen, wie z. B. den Raub dieses Mädchens.

Der große Mann ist zu seiner Heilung von einem kleinen Mädchen abhängig. Sie sucht keine Rache, sondern will Gutes tun. Sie macht etwas sehr Einfaches. Sie predigt nicht, sondern verweist auf den Mann Gottes. Auf diese Weise können wir die Menschen zu den Versammlungen mitnehmen, in denen das Wort Gottes gepredigt wird, oder zu den Menschen, die das Wort Gottes bringen. Sie hat nicht erfahren, dass Elisa einen Aussätzigen geheilt hat, aber sie hat Glauben und sie weiß, dass es einen Mann Gottes gibt. Wie oft hat der Finger eines Kindes einem Erwachsenen den richtigen Weg gezeigt.

Das Mädchen muss einiges durchgemacht haben. Stell dir vor, von feindlichen Männern als Beute mitgenommen zu werden. Vielleicht hat sie mit ansehen müssen, wie ihre Eltern getötet wurden. Sie wurde mitgenommen, ohne die geringste Chance, jemals nach Hause zurückzukehren. Alles, was für ein Kind von Bedeutung ist, bleibt nur eine Erinnerung für sie. Eine solche Erinnerung kann in einer Situation wie der ihren eine Qual sein. Alle ihre Träume von einer strahlenden Zukunft sind zerbrochen. Sie ist eine Sklavin der Frau des Generals des feindlichen Landes. Was sie erlebt hat, ist allemal dazu geeignet, sie verbittern zu lassen.

Sie hätte den aussätzigen Naaman mit einem intensiven Gefühl der Schadenfreude betrachten können. Diesen Übeltäter, den Zerstörer ihres Lebens, hätte sie mit einem tiefen Gefühl der Befriedigung einen langsamen Tod sterben sehen können. Doch das ist bei ihr nicht der Fall. Sie scheint aus einer gottesfürchtigen Familie zu kommen, einer „Überrest“-Familie. Sie kennt den Propheten Elisa und weiß, dass die Kraft Gottes durch den Propheten wirkt. Anstatt Rache zu nehmen, sucht sie das Wohlergehen ihres Herrn, und durch seine Frau weist sie ihn auf den Mann Gottes in Israel hin.

Hier sehen wir die besondere Führung Gottes. Oft werden Menschen durch die Mühsal anderer, durch das, was andere zu erleiden haben, in das Reich Gottes gebracht. Wir wissen das aus Ländern, in denen Gläubige verfolgt werden. Wie viele leidende Gläubige waren bereits ein ewiger Segen für diejenigen, die sie verfolgt haben. In dieser Geschichte hätte es ohne dieses Mädchen für Naaman keine körperliche Heilung und keine Erlösung für seine Seele gegeben.

Hier sehen wir auch, wie sich in Gottes Regierung das Große der internationalen Politik und das Kleine der persönlichen Umstände verbinden. Das sehen wir auch heute. Gott regiert über die Beratungen in Parlamenten und Ministerien, wo die zu verfolgende Strategie besprochen wird. Gott regiert auch durch alltägliche unauffällige Begegnungen, einen Telefonanruf, einen Besuch. Gott steht über allem und lässt alles dazu mitwirken, seinen Ratschluss zu erfüllen.

Hilfeersuchen an den König von Israel

Naamans Frau glaubt, was das Mädchen sagt. Das bedeutet, dass dieses Mädchen seine Arbeit immer treu gemacht hat und sich in allem als zuverlässig erwiesen hat. Sie hat sich nicht widerspenstig gezeigt. Sie muss eine vorbildliche Sklavin gewesen sein. Ohne dazu ermahnt worden zu sein, lebt sie das Schriftwort: „Die Knechte ermahne, sich ihren eigenen Herren unterzuordnen, in allem wohlgefällig zu sein, nicht widersprechend, nichts unterschlagend, sondern alle gute Treue erweisend, damit sie die Lehre, die unseres Heiland-Gottes ist, zieren in allem“ (Tit 2:9; 10). Vielleicht hat sie ja von ihrem Zuhause erzählt. Wie auch immer, Naamans Frau erzählt ihrem Mann, dass es in Israel jemanden gibt, der ihn heilen kann.

Auch Naaman glaubt, was das Mädchen gesagt hat. Aber er handelt nicht danach. Er geht zu seinem eigenen König. Er denkt, er brauche seinen Einfluss. Allerdings konnte er als General kaum alleine zu einem feindlichen Volk gehen. Er braucht auch seine Zustimmung.

Sein Herr will sich für die Heilung seines Heerobersten einsetzen. Er tut dies auf seine eigene Weise, ohne jede Spur des Glaubens. Diplomatisch schreibt der König von Syrien an den König von Israel, ob er seinen General heilen will. Möglicherweise geht er davon aus, dass der Mann, von dem er so gute Nachrichten hört, am Hof des Königs sein muss, in seinem Dienst als sein Privatheiler.

Er gibt seinem General auch ein enormes Geschenk mit. Er sieht in Elisa nicht mehr als einen Heiler, bei dem man Genesung kaufen kann. Es wird sich herausstellen, dass dies nicht der Fall ist. Viele Menschen denken, dass man etwas für die Vergebung der Sünden tun kann. Der abscheuliche Ablass, den die römische Kirche unter der Inspiration des Teufels erfunden hat, ist ein Beispiel dafür. Auf diese Weise scheint der König von Syrien dem König von Israel seine Ehre für die Heilung erweisen zu wollen.

Diese Art von Diplomatie nützt jedoch nichts und ist sogar kontraproduktiv. Der König von Israel fühlt sich angegriffen. Theoretisch kennt er Gott. Er ruft aus, ob er wohl Gott sei, dass er den Aussätzigen heilen könne, denn in der Tat kann nur Gott den Aussatz heilen (vgl. 1Mo 30:2). In der Praxis rechnet er jedoch überhaupt nicht mit Gott. Er denkt nur an seine eigene Position. Er kann nur auf politischer Ebene denken. Er, der wie kein anderer als Führer des Volkes Gottes zeigen sollte, dass es einen Gott gibt, der heilen kann, denkt nur irdisch. Er und sein Volk tragen den Namen Gottes, rechnen aber nicht mit Ihm. Ist das nicht auch heute im größten Teil der Christenheit der Fall?

An Elisa denkt der König nicht, obwohl der Prophet in seiner Nähe wohnt. Viele geistliche Leiter verweisen heute auch nicht auf den Herrn Jesus, weil sie nur an ihre eigene Position denken. Auch sie haben dadurch keine Antwort auf die Fragen des Lebens.

Elisa sendet zu Naaman

Während der König wahrscheinlich in seinem Zimmer hin und her geht und mit seinen Ministern diskutiert, wie er mit dieser Krise umgehen soll, kommt eine Botschaft von Elisa. Elisa hat von der Reaktion des Königs gehört und ist empört. Er befiehlt dem König, Naaman zu ihm zu schicken, damit zumindest Naaman erkennt, dass es einen Propheten gibt, der die Worte Gottes verkündet.

Es muss ein bemerkenswertes Schauspiel gewesen sein. Die ganze angesehene Gesellschaft, der ganze beeindruckende Zug, verließ den Palast des Königs und parkte vor der bescheidenen Behausung des Propheten. Dann kommt ein Bote von Elisa heraus, um Naaman die gute Nachricht zu überbringen, wie er geheilt werden kann.

Elisa selbst kommt nicht heraus, nicht einmal, um Naaman eben zu begrüßen. Er will Naamans Pracht nicht einen Moment lang begegnen und bleibt so unbeeindruckt von dem Glanz der Welt. Naamans Größe bewegt ihn nicht, aber Naamans Aussatz umso mehr. Elisa will sich auch nicht in den Vordergrund stellen. Nur sein Wort ist wichtig, und das kann auch ein Bote übermitteln.

Die Reaktion Naamans

Naaman ist sehr verärgert über diese Behandlung. Wie kann Elisa es wagen, ihn so zu behandeln? Als großer Mann will er mit Respekt behandelt werden, auch wenn es um seine Heilung geht, die er selbst nicht bewirken kann. Er will auch dafür bezahlen. Er ist doppelt beleidigt: Er wird nicht so behandelt, wie er will, und er muss auch etwas tun, was er als unter seiner Würde empfindet.

Die Worte „Siehe, ich hatte gedacht“ deuten darauf hin, dass Naaman seine eigenen Vorstellungen von seiner Heilung hat. Elisa musste herauskommen und ein entsprechendes Ritual durchführen, um ihn zu heilen. Aber Elisa behandelt ihn wie einen Aussätzigen und das will Naaman nicht akzeptieren. Naaman hat gedanklich das Skript für seine Heilung geschrieben und wie der Prophet es zu machen hat. Er erwartet von diesem Wunderheiler ein Spektakel, eine wirbelnde Show.

Wie oft haben wir schon eine Vorstellung davon, wie Gott unser Problem lösen soll? Und wenn es nicht nach unseren Erwartungen geht, sind wir dann nicht auch enttäuscht von Gott? Wir wollen nicht nur Gottes Segen, sondern wir wollen auch vorgeben, wie Er ihn uns geben soll. Auf diese Weise wollen wir den souveränen Gott zu unserem „Laufjungen“ machen. Oder wir sehen Gott als einen Automaten: Wirf ein Gebet ein und du kannst deinen gewünschten Artikel herausholen.

Naaman hat zwei Probleme: seinen Aussatz und seinen Stolz. Er muss zuerst von seinem Stolz befreit werden, um dann von seinem Aussatz befreit werden zu können. Naaman hat auch seine Argumente dafür, dass er nicht einfach das tut, was der Prophet gesagt hat. Warum der Jordan? Warum auf diese Weise? Warum nicht in einem anderen Fluss? Er kennt Flüsse, die größer und sauberer sind.

Aber er kennt den Unterschied zwischen diesen Flüssen und dem Jordan nicht. Was den Jordan von jedem anderen Fluss unterscheidet, ist, dass der Jordan vom Tod spricht, aber dann wie durch den Herrn Jesus erlitten. Nur da ist die Erlösung zu finden. In anderen Flüssen, die auch vom Tod sprechen, kommt es ohne Heilung zum Untergang. Diese Flüsse helfen nicht.

Naaman wird wütend, weil er sich der Gnade noch nicht ausgeliefert hat. Das muss er noch lernen. Naaman muss lernen, sich selbst als umherirrender oder umkommender Aramäer zu sehen (vgl. 5Mo 26:5). Auch die Israeliten müssen dies lernen. Religiöses Fleisch will gestreichelt werden, aber es muss gerichtet werden.

Was Naaman im Bild lernen muss, ist, dass nur in der Torheit des Kreuzes die Erlösung zu finden ist. Paulus predigte diese Torheit in Korinth (1Kor 1:22-25), wo die Gläubigen auch so sehr von sich selbst überzeugt waren. Viele Menschen – und manchmal auch Gläubige! – lieben die Erniedrigung, die das Evangelium bedeutet, nicht, sie lieben die Einfachheit des Evangeliums und den damit verbundenen schmalen Weg nicht. Es mag töricht erscheinen, jemandem zu vertrauen, der an einem schmählichen Holzkreuz starb, dem Inbegriff für Schwäche und Elend, aber es ist doch der einzige Weg, gerettet zu werden. Er ist die Rettung, andernfalls bedeutet es, für ewig verloren zu gehen.

Naaman wird rein

Naaman hat auf seinem Weg eine Reihe von Leuten zur Seite, die ihm den Weg zu seiner Erlösung weisen. Zuerst ist da das Dienstmädchen seiner Frau. Sie weist ihn durch seine Frau auf den Propheten hin. Die zweite Person ist der Bote Elisas. Er bringt ihm das Wort des Propheten. Das dritte Mal sind es seine Diener. Es ist jetzt ein persönlicher Kontakt, Diener, die ihm zureden, doch einfach das zu tun, was ihm gesagt wurde. Es geht um die Verwendung des ihm vorgeschlagenen Mittels. Es ist die Nachsorge, das Begießen der Saat der Botschaft.

Die Diener haben ein gutes Verhältnis zu Naaman. Es scheint Vertraulichkeit zwischen ihnen zu bestehen. Sie überzeugen ihn mit einfachen Argumenten. Sie weisen ihn auf die Einfachheit dessen hin, was von ihm verlangt wird. Dies scheint zugleich das größte Hindernis zu sein. Die Diener helfen ihm darüber hinweg.

Auf Drängen seiner Diener verzichtet Naaman auf jede Würde. Er erniedrigt sich vor den Augen seiner Untergebenen. Der große Mann wird ein kleiner Junge. Das Zum-kleinen-Kind-Werden gibt ihm ein neues Leben, das dem eines kleinen Jungen ähnelt. Es bedarf aber nicht nur der Erniedrigung, sondern auch des Glaubens. Er muss sich nicht fünf- oder sechsmal, sondern siebenmal in dem Jordan untertauchen (vgl. Jos 6:2-4). All sein Geld und die Fürsprache seines Königs nützen nichts. Es kommt auf den Glaubensgehorsam an.

Naaman will Elisa belohnen

Ohne Pomp und Zeremonie kehrt Naaman zu Elisa zurück und steht vor ihm. Naaman hat sich völlig verändert. Das zeigt sich in seiner Einstellung. Nicht weniger als fünfmal spricht er in den 2Kön 5:15-18 gegenüber Elisa über sich selbst als „deinen Diener“. Das ist doch eine große Veränderung gegenüber der arroganten Einstellung, die er beim ersten Mal hatte. Auch sein Bekenntnis hat sich geändert. Er bekennt den Gott Israels als den einzigen Gott auf der Erde. Wie sehr wird Elisa sich gewünscht haben, dass das ganze Volk Gottes dies von Herzen bekennen würde! Jedenfalls war es König Ahasja nicht eingefallen, dies zu bekennen (2Kön 1:3; 6; 16).

Naaman möchte sich bei Elisa bedanken. Er möchte ein Geschenk machen, um seine Dankbarkeit zu zeigen, und nicht mehr, um seine Heilung zu kaufen. Dies ist auf mangelnde Erkenntnis zurückzuführen. Elisa lehnt dieses Geschenk ab. Er will vermeiden, dass Naaman seine Heilung mit einer Zahlung verbindet. Elisa hat gelegentlich zwar Geschenke angenommen. Ein Diener muss lernen, Geschenke anzunehmen, aber er muss auch lernen, sie abzulehnen. Wenn man das Evangelium predigt, muss man dies immer vermeiden.

Naaman kehrt nach Hause zurück

Dann bittet Naaman um einen Gefallen. Er will etwas Erde aus dem Land Gottes in sein eigenes Land bringen, um darauf dem HERRN Opfer zu bringen. Dabei wird er sich auch daran erinnern, dass er eins mit dem Volk Gottes ist und im Geist zusammen mit ihnen den einzigen Gott anbetet, dem Anbetung zukommt.

Wir sollten diese Vorgehensweise von Naaman nicht kritisieren. Elisa tut das auch nicht. Wir können Naaman als einen frisch bekehrten Menschen sehen, als jemanden, der in seinem Glauben noch wachsen muss. Da ist viel Geduld gefragt. Er ist noch kein reifer Gläubiger. Darüber hinaus hat er auch Verpflichtungen, denen er sich nicht entziehen kann.

Die Tatsache, dass Naaman das alles so sagt, ist ein Beweis für ein sensibles Gewissen. Er erlebt die Spannung zwischen der ausschließlichen Zugehörigkeit zum Gott Israels und dem, was von ihm im Zusammenhang mit seiner Arbeit erwartet wird. Und das macht ihm Sorgen. Es wäre zu wünschen, dass das Gewissen der Israeliten, die Bethel besuchen und den Baal küssen, anschlagen würde, wie es bei diesem Heiden der Fall ist.

Der HERR hat Naaman nicht nur von seinem Aussatz geheilt, sondern ihn auch zu einem treuen und gottesfürchtigen Anbeter gemacht. Er hat sich buchstäblich „von den Götzenbildern zu Gott bekehrt …, um dem lebendigen und wahren Gott zu dienen“ (1Thes 1:9). Er hat im Jordan nicht nur seinen Aussatz verloren, er hat dort auch sein Heidentum abgegeben. Dies zeigt sich deutlich an der Änderung seiner Haltung und seines Bekenntnisses.

Elisa reagiert auf Naamans Äußerung nicht mit einer Belehrung. Er lässt ihn in Frieden gehen, in der Überzeugung, dass Naaman gut zurechtkommen wird. Der HERR wird ihn weiterführen. Auf die gleiche Weise geht auch der Kämmerer seinen Weg in Frieden und Freude, nachdem Philippus ihm das Evangelium verkündigt und ihn getauft hat (Apg 8:39).

Die Habgier Gehasis

Gehasi ist ein Bild Israels mit Blick auf die Heiden, die Gnade empfangen haben. Der Hass, der dem Herr Jesus entgegenschlägt, als Er von der Heilung des Naaman spricht, bezieht sich nicht so sehr auf die Tatsache der Heilung Naamans, sondern auf die Tatsache, dass Naaman im Gegensatz zu vielen aussätzigen Israeliten geheilt wurde (Lk 4:27-29). Die Gnade, die den nicht-religiösen Menschen erwiesen wird, ruft den Hass der religiösen Menschen hervor, die Gnade als ihr Recht beanspruchen.

Es gibt einen großen Unterschied zwischen dem bekehrten heidnischen Naaman und dem verderbten Israeliten Gehasi. Naaman lernte von Elisa, dass Gott ein Gott der Gnade ist. Deshalb lehnte Elisa seine Geschenke ab. Elisa wollte, dass Naaman unter den Eindruck des HERRN, des Gottes Israels, als einem Gott der Gnade kam. Gott kann man nicht mit dem kaufen oder manipulieren, was ein Mensch geben oder tun kann.

Was Gehasi tut, muss in diesem Licht gesehen werden. Durch sein Verhalten macht er aus dem gebenden Gott einen bittenden oder sogar fordernden Gott. Er wird in seinem Verhalten von der Habsucht geleitet. Obwohl er so viel mit dem Mann Gottes erlebt hat, hat sich sein Herz nicht verändert. Bei all den Wundern der Gnade ist sein Herz kalt geblieben. Es ist mit ihm wie mit Judas. Er ist vom Geld gefangen.

Als er sieht, dass Elisa nichts von Naaman annimmt, ist das schockierend für ihn. Was für eine verpasste Gelegenheit, um auf eine in seinen Augen legale Weise reich zu werden! Es kann doch nicht wahr sein, dass Naaman mit all seinen Schätzen davonzieht, ohne dass er ein Teil davon abbekommt. Immerhin hat Naaman es doch angeboten. Er denkt sich einen Trick aus, um etwas von Naamans Reichtum in seinen Besitz zu bekommen.

In der Art und Weise, wie er über Naaman spricht – „Naaman, diesen Syrer“ –, ist etwas von Verachtung herauszuhören. Geldgier ist eine schreckliche Sache unter dem Volk Gottes. Wer in der Geldgier gefangen ist, ist blind für den Wert der Person. In seiner Vermessenheit wagt Gehasi es sogar, den Namen des HERRN mit seiner Habsucht zu verbinden. Mit den Worten „so wahr der HERR lebt“ trifft er die Entscheidung, Naaman nachzueilen.

Außer, dass er den Namen des HERRN „zu Eitlem ausspricht“ (2Mo 20:7), bedient er sich auch der Lüge. Als er zu Naaman kommt, tischt er die Geschichte auf, dass der Prophet es sich anders überlegt hätte. Elisa hätte nämlich Besuch bekommen. In einem einzigen Satz zerstört Gehasi alles, was Elisa Naaman in 2Kön 5:16 lehren wollte. Gehasi verleumdet mit dem, was er sagt, Elisa, den Mann Gottes, als ob dieser doch noch eine Belohnung fordern würde. Die Lüge, die er gebraucht, verdirbt auch die Gnade Gottes. Er hat an der Gnade Gottes ein Preisschild angebracht. Er stellt Gott als „Forderer“ dar, als einen Gott, der nimmt und sich daher nicht von allen Götzen der Nationen unterscheidet. Das erklärt, warum seine Bestrafung so streng ausfällt.

Gehasi bekommt, was er will und noch mehr. Naaman gibt ihm die enorme Menge von zwei Talenten Silber und auch die beiden gewünschten Gewänder. Der listige Gehasi lässt seinen Reichtum an einen Ort bringen, an dem er ihn selbst verstecken kann. Er berücksichtigt jedoch nicht, dass er es mit Jemandem zu tun hat, für den alle Dinge bloß und aufgedeckt sind und der einen Propheten hat, dem Er mitteilen kann, was Er sieht.

Wir können Gehasis Handeln auf vieles anwenden, was heute in der Christenheit geschieht. Paulus spricht darüber in dem Brief an die Galater. Da gibt es Leute, die behaupten, dass der Tod des Herrn Jesus nicht ausreicht, um gerettet zu werden. Ihrer Meinung nach muss also noch etwas hinzugefügt werden, und zwar die Einhaltung bestimmter Gesetzesbestimmungen, wie z. B. die Beschneidung. Bei den Galatern hat die „Jesus-Plus-Bewegung“ Eingang gefunden. Aber alles, was „plus“ ist, verdunkelt die Gnade. Das gilt für das Gesetz, die Taufe, die Lehre von der Gemeinde. Alles, was wir zu Christus als Voraussetzung dafür hinzufügen, dass wir Christen sind und als solche akzeptiert werden, ist eine Verdunkelung der Gnade.

Gehasi wird entlarvt und aussätzig

Als Gehasi wieder bei Elisa ist, tut er so, als sei nichts passiert. Er nimmt wieder seinen gewohnten Platz ein, bereit, seinem Herrn zu dienen. Indem Elisa diese Frage stellt, gibt er Gehasi die Möglichkeit, selbst mit seinem verkehrten Handeln herauszurücken. Er nutzt diese Gelegenheit aber nicht, sondern hält an der Lüge fest.

Der Mann Gottes sagt dann, wie er Gehasi in seinem Herzen folgte und im Geist sah, was geschah, als Gehasi mit Naaman sprach. Er sah, dass Naaman Gehasi willkommen hieß und ihm alles gab, um was er bat. Elisa spricht nicht über die buchstäblichen Geschenke, die Naaman gegeben hat, sondern darüber, was Gehasi mit ihnen kaufen wollte. Er kannte die ungezügelte Habgier seines Dieners.

So kannte auch der Herr Jesus die Geldgier des Judas. Doch Er ertrug Judas, so wie Elisa Gehasi ertrug. Er hinderte Gehasi nicht daran zu handeln, ebenso wenig wie der Herr Jesus Judas daran hinderte, so zu handeln. Gott lässt dem Menschen seine volle Verantwortlichkeit.

Elisa fragt, ob es der richtige Zeitpunkt war, all diese Sachen von Naaman zu nehmen. Es war nicht der richtige Zeitpunkt, und weil es nicht der richtige Zeitpunkt war, hatte Gehasi diese gestohlen. Wir müssen lernen, auf die Uhr Gottes zu schauen. Gottes Zeit vorzugreifen bedeutet zum Beispiel, dass wir bereits jetzt politischen Einfluss oder gar Regierungsgewalt haben wollen, obwohl uns das noch nicht gegeben ist. Regieren mit Christus steht noch bevor (1Kor 4:8; 1Kor 6:2; 3).

Wir lesen nicht, dass Elisa Gehasi anweist, das Geld und die Waren an Naaman zurückzugeben. Er hat das Geld von Naaman genommen und darf es behalten. Aber er bekommt auch den Aussatz von Naaman.

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